Im folgenden wollen wir anhand häufig gestellter Fragen erläutern was der linkshändige Pfad ist.
Woher kommt der Begriff "Pfad zur linken Hand"?
Die begriffliche Unterscheidung zwischen dem "Pfad zur linken Hand" und dem "Pfad zur rechten Hand" kommt ursprünglich aus dem Hindu-Tantra, wo diese beiden Pfade als Vama Marga und Dakshina Marga bekannt sind. Betrachtet man diese Begriffe aus dem ethymologischen Standpunkt, gibt es vor allem 2 Aspekte, die diese Unterteilung erklären:
1. In Indien bestand nicht immer die Möglichkeit sich die Hände zu waschen. Daher wurden unhygienische Handlungen immer mit der linken Hand ausgeführt, während die rechte Hand rein blieb.
2. Die Energie des Weiblichen wird im Tantra der linken Seite zugeordnet. Bei tantrischen Sexualriten, welche im originären LHP von entscheidender Wichtigkeit sind, wird die Frau daher zur linken Seite des Mannes positioniert.
Es lassen sich aber auch andere kulturelle Parallelen finden. So bedeutet z.B. das Wort "sinister" (latein) sowohl links, als auch dunkel oder finster.
Wofür steht der Pfad zur linken Hand?
Der Left-Hand Path (kurz LHP) steht für die Bejahung der weltlichen Existenz und der Vergöttlichung des individuellen Ichs. Oft wird diese Bezeichnung genutzt um Satanismus, Setianismus und andere westliche Strömungen dieser Ausrichtung in eine Kategorie einzuordnen. Im Sinne unseres Tempels steht der LHP aber ausschließlich für den Satanismus in seiner ursprünglichen (von der christlichen Kirche unabhängigen) Form.
Welches Modell unterliegt dem LHP?
Dr. Stephen Flowers hat in seiner Abhandlung
Lords of the Left-Hand Path ein sehr passendes Modell für die Weltsicht eines Magiers beschrieben, der dem LHP folgt. Grob zusammengefasst könnte man es wie folgt beschreiben:
- Das Universum ist die Gesamtheit allen Seins.
- Für den Menschen unterteilt es sich in das Erkennbare und das Unerkennbare.
- Dadurch können wir mindestens zwei Unterscheidungen treffen:
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Das Objektive Universum ist der Kosmos bzw. die Weltordnung. Im Normalfall versucht der Mensch diesem Universum bestimmte Konstanten und Gesetzlichkeiten in Raum und Zeit zuzuordnen. Man könnte es sowohl als Natur oder auch als Gott bezeichnen.
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Das Subjektive Universum ist die Welt jeder empfindsamen Entität. Es gibt soviele subjektive Universen, wie es solche Entitäten gibt. Das Objektive Universum nehmen wir in der Regel nur gefiltert durch das Subjektive Universum wahr. Während das Objektive Universum bestimmten Gesetzen unterworfen zu sein scheint, ist das beim Subjektiven nicht so, da es auf mentalen Prozessen/Erfahrungen basiert. Daher wird es auch oft als unnatürlich oder akosmisch angesehen.
In allen subjektiven Universen gibt es aber eine Gemeinsamkeit, die durch das Bewußtsein eingeleitete Separation des Objektiven Universums. Man könnte hier von einem ontologischen Prinzip der "Isolierten Intelligenz" sprechen. Diese "Isolierte Intelligenz" wird von Magiern des LHP als Archetyp einer bestimmten göttlichen Entität angesehen. In seiner personifizierten Form kann die "Isolierte Intelligenz" auch als "Fürst der Finsternis" bezeichnet werden.
Welche magischen Ausrichtungen stehen einem Adepten des Tempels offen?
Es gibt vor allem 2 Ausrichtungen denen ein Magier des LHP folgen kann, die wir als objektivistisch und transzendent bezeichnen. Der objektivistische Weg ist auf eine souveräne Position in der materiellen Welt ausgerichtet, während ein Magier des transzendenten Wegs seine Magie eher auf absolute Separation ausrichtet. Eines jedoch haben beide Wege gemeinsam: Als Ziel steht eine ethische Position jenseits von Gut und Böse.
Was hat Nationalsozialismus mit dem LHP zu tun?
Nationalsozialismus hat natürlich nichts mit dem LHP zu tun. Das geht schon daraus hervor, dass die Magie des LHP sich am linkshändigen Hindu-Tantra orientiert. Jedoch gibt es einige Schritte in der Entwicklung des magischen Selbst, für die ein tiefes Verständnis von Blasphemie notwendig ist. Blasphemie wird von Praktizierenden des LHP vor allem genutzt um gesellschaftliche Denk- und Moralvorstellungen zu verstehen und zu durchbrechen um durch sie nicht mehr eingeschränkt zu sein.
Eine Methode, die vor allem im Umfeld des Order of Nine Angles praktiziert wurde, besteht darin, dass man sich der Ideologie anschließt, die derzeit in der Gesellschaft als
Das Böse angesehen wird. Gerade im europäischen Raum dürfte man, allgemein gesehen, gar nicht so verkehrt damit liegen. Jedoch zeigt sich immer mehr eine Verschiebung zum Islam, die vor allem von den USA ausgeht sowie vom wachsenden Terrorismus aufgrund der religiösen Konflikte innerhalb des Islam sowie den politischen Konflikten zwischen den geopolitischen Interessen des Westens und den Interessen muslimischer Strömungen. Das erklärt auch, warum sich Mitglieder des O9A und verwandter Tempel derzeit häufig dem radikalen Islam zuwenden.
Es soll auch nicht verschwiegen werden, dass es auch innerhalb des Templvm Carnis eine Zeit lang die interne Sektion
Tempel 88 gab, die sich unter anderem auch mit der Führersymbolik von Adolf Hitler sowie der Vergöttlichung einer einzelnen Leitfigur beschäftigte. Wir haben das Experiment nach einigen Jahren abgebrochen, da es sich als besonders einschränkend für die magische Entwicklung des Individuums herausstellte.
Das wichtigste Learning aus dem
Tempel 88 war, dass in einer pluralistischen Gesellschaft die Fokussierung auf eine einzelne Ideologie oder Religion, die Möglichkeiten, Blasphemie zu praktizieren, massiv einschränkt. Jedes Individuum, mit dem wir in Interaktion treten, hat eigene ideologische und religiöse Vorstellungen und Grenzen. Gleiches gilt, wenn wir uns in bestimmte gesellschaftliche Kreise begeben, die üblicherweise die gleichen Ideologien und Moralvorstellungen teilen. Entsprechend macht es für die Entwicklung des Magiers und zur Schulung des flexiblen Denkens viel mehr Sinn, wenn man situationsbezogen blashempisch handelt und kommuniziert. Sofern man dabei einen Ausgleich zwischen den verschiedenen Extremen schafft, ist dies weitaus effizienter als sich einer einzelnen Ideologie anzuschließen, die von großen Teilen der Gesellschaft sowieso nicht ernst genommen wird. Außerdem sollte ein LHP-Magier in der Lage sein den Standpunkt, die Denkweise und das Handeln jedes beliebigen Blickwinkels sowie seines extremen Gegenteils zu jeder Zeit nach eigenem Belieben anzunehmen. Nur so bleibt der stetige Prozess des Hinterfragens im Gange, der letztendlich die Entwicklung des Magiers antreibt.
Muss man als LHP-Magier wirklich jemanden ermorden?
Das Thema muss hier leider angesprochen werden, weil darüber allerlei Unsinn im Netz kursiert. Die kurze Antwort lautet: nein. Zum einen verlangt die magische Entwicklung eines Individuums, dass sie ein tiefes Verständnis für den Tod entwickelt, wozu man verschiedene "Gesichter des Todes" kennenlernen muss. Zum anderen lehrt aber das Tantra, dass alles auf einer transzendenten Ebene erfahren werden kann. Das System des O9A beinhaltet jedoch tatsächlich, dass der Magier ein sogenanntes "Notopfer" durchführen soll. Dazu muss er eine "gesellschaftlich wertlose Person" ausfindig machen, die niemand vermissen wird, und diese dann eigenhändig und mit direktem Kontakt töten.
Jedoch ist dies nur einer der möglichen Weg um "dem Tod in die Augen zu schauen", wie man so schön sagt. Denn darum geht es letztendlich bei dieser Erfahrung. Der O9A folgt jedoch der Ansicht, dass bereits die Auswahl des Opfers und die Beschäftigung mit der Person beim Auswahl-Prozess, bereits eine tiefe Verbindung zwischen Magier und seinem Opfer aufbaut, wodurch die Erfahrung des Tötens noch intensiver wird.
Legen wir jedoch die Annahme zugrunde, dass jedes Leben im Universum den gleichen Wert hat, macht man die gleichen Erfahrungen wie beim Töten eines Menschen auch beim Schlachten von Tieren, die man längere Zeit aufgezogen hat, oder bei der Jagd nach einem bestimmten Tier innerhalb eines bestimmten Bestands, das man erstmal wochen- oder gar monatelang verfolgen musste. Letztendlich tötet man ein fühlendes und denkendes Wesen, dessen Lebensweise man über längere Zeit selbst verinnerlicht hat. Bei genauer Betrachtung, hat die Sichtweise des O9A, dass das Opfer ein Mensch sein muss, seinen Ursprung darin, dass sie sich selbst die Einschränkung auferlegen, den Menschen als über der Natur stehend zu betrachten.
Interessanterweise gibt es aus dem Tantra keinerlei Überlieferung, die darauf hindeutet, dass im linkshändigen Pfad das Töten eines Lebewesens notwendig ist. Viel eher zeigen bis heute praktizierte friedliche Praktiken, um mit dem Tod in Kontakt zu treten, dass die Jäger-Beute-Aspekte im ursprünglichen LHP keine Rolle spielten. Yogi, die in Indien heutzutage LHP praktizieren, meditieren beispielsweise täglich auf öffentlichen Plätzen, wo Leichen aufbewahrt und/oder verbrannt werden. Manche leben auch auf Friedhöfen. Es gibt jedoch auch welche, die sich der Armee anschließen und freiwillig für Einsätze melden oder gar zur Fremdenlegion gehen. Das könnte man durchaus als den legalen Weg zum Notopfer betrachten.
Weiterhin muss bei der Begründung des O9A für das "Ritual des Notopfers" beanstandet werden, dass dabei von der Annahme ausgegangen wird, es gäbe Personen, die für die Gesellschaft keinen Wert haben. Es ist jedoch zweifelhaft, dass man nur durch die Beobachtung der Person selbst und dann auch noch nur für eine begrenzte Zeit den Wert dieser Person für die Gesellschaft einschätzen kann. Der Obdachlose, der vermeintlich sein Leben eh nur versäuft, verliert vielleicht irgendwann mal einen Euro, der von einer anderen Person gefunden wird, die diesen wiederum in ihre eigenen Bedürfnisse oder Entwicklungsprozesse investiert. Damit hat der Obdachlose einen positiven Einfluss auf eine andere Person, und damit auf die Gesellschaft gehabt, sei er auch nur sehr klein. Und noch weniger kann man einschätzen ob dieser Obdachlose nicht vielleicht doch irgendwann vom Alkohol wegkommt und dann ein kleines Unternehmen aufbaut, das mehrere Familien ernährt oder er sonst irgendeinen Impact hat. Oder er beobachtet von seiner Parkbank aus, wie eine Frau in ein Gebüsch geschleift wird, und geht dazwischen, wodurch er eine Vergewaltigung verhindert. Jeder positive Einfluss eines Individuums auf ein anderes Individuum kommt einer Entwicklung zugute, die sich in irgendeiner Form in der Gesellschaft niederschlägt. Für einen Magier sollte es daher immer ein Warnsignal sein, wenn Handlungen zum einleten oder durchführen von Entwicklungsprozessen von zu vielen Annahmen ausgehen. Ein Magier bestimmt seinen Weg nicht dadurch, dass er vorgibt, wo der Weg nicht entlang führen darf, sondern indem er ein Ziel festlegt und kontinuierlich auf dieses zuarbeitet.